Die freie Hiebswahl ist ein wichtiger Pfeiler des schweizerischen naturnahen Waldbaus. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich allerdings besonders im Mittelland die Dauerwaldbewirtschaftung stark verbreitet. Geringer Pflegeaufwand, ständig gemässigtes Waldinnenklima, Stabilität und Wertholzproduktion unter optimaler Ausnutzung des Standortes sind in etwa die erhofften Vorteile. Mit der starken Veränderung der Wetterphänomene in Richtung extreme, anhaltende Perioden stellt sich die Frage, ob der Klimaxwald, welcher der Grundgedanke des naturnahen Dauerwaldes darstellt, überhaupt noch bestehen bleibt. Denn die Bedingungen für einen beständigen Buchenwald, einen Tannen-Buchenwald, einen Fichten-Tannenwald und einen Fichtenwald sind ein nicht zu stark gestörtes Pilzwachstum. Diese Klimaxbaumarten unterdücken mit dem Aufbau ihrer dicken und sehr sauren Streuauflage das bakterielle Bodenleben und fördern durch die Versauerung die Pilze unter dieser Schicht. Sobald der Boden unter der Streu austrocknet, leiden die Mykorrhizapilze, ihre Hyphen sterben teilweise ab und somit kommen die mit diesen Pilzen vergesellschafteten Bäume nicht mehr wie gewohnt an ihre Nährstoff-Wasserlösung. Die Erholung der Pilze dauert wesentlich länger, als das exponentielle bakterielle Wachstum. Somit können nach extremen, trockenen Perioden Baumarten mit süssem Saft sich teilweise schneller erholen. Gut zu sehen bei Berg- und speziell bei Spitzahorn, aber auch bei Linden, Zitterpappeln, Birken und weiteren. Das Ziel der freien Hiebswahl muss es sein, das gesamte Spektrum der Baumarten zu erhalten. Damit sich die diese etablieren können, braucht es eine gewisse Fläche und es braucht auch genügend Samenbäume. Im Dauerwald schiebt man diese Baumarten konzeptionell auf Sturm- oder Käferflächen, vergisst sie dann aber häufig aktiv zu fördern und/oder pflanzt lieber Eichen, Nussbäume und andere Edellaubbäume. Deshalb soll hier für eine aktive, freie Hiebswahl mit Saum- und Femelflächen geworben werden, wo sich Pionier- und Lichtbaumarten selber ständig neu ansiedeln können. Weder in der Energieholzproduktion noch in der Biodiversität stehen sie dem vom Klimawandel geschwächten Klimaxwald in etwas nach. Vielmehr ergänzen sie ihn dort, wo es sich mehr und mehr zeigt, dass er sich nicht mehr halten kann.
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